Sonja Albers, Mitglied des Vorstandes, Union Asset Management Holding AG, verantwortlich für Personal, Fondsdienstleistungen sowie Recht und Compliance Diplom-Ökonomin (Universität Augsburg)
1. Seit 1998 sind Sie für Union Investment tätig und haben als Mitarbeiterin im Personalbereich begonnen. War für Sie immer klar Vorständin oder Führungskraft zu werden? Hatten Sie das "große Ziel" vor Augen oder war es eher ein Hineinwachsen?
Tatsächlich hatte ich es nie vor Augen Vorständin zu werden. Gebürtig komme ich aus der Nähe von Bremen und habe nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung zur Industriekauffrau absolviert. Für mich war aber stets klar anschließend zu studieren und dafür bin ich nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss nach Augsburg gezogen.
Schon während des Studiums wusste ich, dass ich anschließend im Personalbereich tätig sein möchte. Da ich auch ein sehr analytischer Mensch bin und Zahlen mag, habe ich damals über eine Stellenanzeige in der FAZ eine Vakanz als „Mitarbeiter*In Personalcontrolling“ bei Union Investment gefunden, die sehr gut zu meinen Schwerpunkten passte.
Die Fondsindustrie war zu dieser Zeit kurz vor der Boomphase und noch gar nicht so bekannt, das klassische Sparbuch war eher im Fokus der AnlegerInnen. Für mich stand im Vordergrund, einen tollen Job und Berufseinstieg zu erhalten, denn es gab sehr wenige freie Stellen für eine Vielzahl an BewerberInnen. Besonders als Juniorin hatte man es schwer. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich über 80 Bewerbungen geschrieben. Zu Anfang war mir auch gar nicht bewusst, ob ich eine gute Führungskraft sein könnte und welche Qualitäten entscheidend sind.
Daher ja, ich bin eher hineingewachsen, meine Aufgaben habe ich stets mit viel Leidenschaft erledigt. Als ich gestartet bin hatten wir bei Union Investment ca. 500 Mitarbeitende, heute sind es über 4000. Über die Jahre stiegen die Anforderungen an die Personalarbeit. Früher ging es mehr um administrative Prozesse und Einstellungen, heute sind die Bedarfe natürlich viel umfassender. Nach meiner Beförderung zur Gruppenleiterin und später zur Abteilungsleiterin wurde ich dann im Jahr 2008 Bereichsleiterin. Durch passende Gelegenheiten, viel Fleiß und etwas Glück konnte ich letztlich einen Karriereweg einschlagen, der mich bis in den Vorstand führte.
Ich lerne sehr gerne neue Dinge, mag Veränderungen und spannende Herausforderungen, ich denke, dies hat auch geholfen, in das Amt hineinzuwachsen.
2. Was ist Ihnen dabei eher leichtgefallen? Welche Eigenschaften oder Fähigkeiten sind förderlich für eine erfolgreiche Karriere?
So wie eben angedeutet sind Fleiß und Ausdauer entscheidend und beides fällt mir im Arbeitsalltag leicht. Ich hatte immer Spaß bei der Arbeit und gehe auch die Extrameile, wenn es erforderlich ist. Ich habe gerne Verantwortung für mein Team übernommen, wobei es schon ein großer Schritt war, die erste Führungsrolle einzunehmen.
Denn: Je höher man in der Hierarchie steigt, desto mehr operative Verantwortung trägt man, verbunden mit einem gewissen Druck. Das muss man lernen und auch aushalten können. Dabei helfen Zeit und Erfahrung, gelassen zu bleiben.
Es fällt mir leicht, mich auf neue Themen einzustellen, weil ich ein neugieriger Mensch bin. Ich finde Veränderungen spannend und löse gerne Probleme. Dabei ist es auch entscheidend, eigene Wünsche nach hinten zu stellen und eine gesunde Selbstreflexion für die Dinge und sich selbst zu entwickeln. Als eher leistungsorientierte Person habe ich auch gelernt, Fehler zuzulassen und zu akzeptieren, dass es nicht immer möglich ist, auch für das Team, das Tempo gleichbleibend hochzuhalten.
Was stets hilft ist in regelmäßigen Abständen eine Standortbestimmung durchzuführen und offen für Feedback zu sein, nur so kann man sich weiterentwickeln: Was habe ich gut gemacht, was kann ich beim nächsten Mal besser machen?
3. Sie haben eine spannende Mischung studiert - Schwerpunkte Personal, Wirtschaftsprüfung und Controlling. Inzwischen ist besonders der Personalbereich, den Sie verantworten, durch den Fachkräftemangel in den Fokus gerückt.
Was hat sich dabei verändert in den letzten Jahren, worauf legen ArbeitnehmerInnen und auch Arbeitgeber heute mehr Wert als früher?
Wie bereits erwähnt war früh für mich klar, dass ich im Personalbereich arbeiten möchte. Aber ich beschäftige mich auch gerne mit Zahlen und buchhalterischen Aufgaben. Mein Vater war Buchhalter, sicherlich stammt daher auch mein Interesse für die Wirtschaftsprüfung. Aber richtig, meine Studienschwerpunkte sind keine klassische Kombination. Anfangs habe ich erst den Bereich Personal und Organisation als Hauptfächer gewählt, fand dann aber die Vorlesungen zum Einschlafen. Meine Kommilitonen sagten dann, du kannst doch nicht Controlling statt Organisation wählen, das passt doch gar nicht zusammen.
Im Nachhinein betrachtet war diese Kombination genau die richtige Entscheidung und bereits damals habe ich gelernt, dass es wichtig ist, den Weg zu verfolgen, der einem Spaß bringt und wo man seine Stärken einsetzen kann. Bei Union Investment hatte ich dann das Glück, dass diese Schwerpunktkombination mich von anderen BewerberInnen unterschied und die ausgeschriebene Stelle genau zu mir passte – und ich zu ihr.
Inzwischen hat sich dies natürlich geändert, heute entscheiden sich BewerberInnen sehr bewusst für ihren Arbeitgeber, es geht um Unternehmenskultur und Flexibilität. Ich muss auch sagen, ich begrüße diesen Wandel. Heute kann man sich eher entfalten und weiterentwickeln, hat mehr Mitbestimmung und kann seine Fähigkeiten stärker einbringen. Arbeitgeber sollten sich daher heute gut präsentieren, dies war früher weniger wichtig.
Heutzutage ist eine Standardfrage seitens der KandidatInnen: „Wie ist denn die Unternehmenskultur bei Ihnen?“ Dahinter steckt, dass KandidatInnen sich mit dem Unternehmen identifizieren und selbstbestimmter arbeiten möchten. Meine Erfahrung ist auch, dass es im Bereich Flexibilität weniger darum geht, laufend aus dem Home-Office zu arbeiten. Es geht vielmehr darum, wie man sich einbringen kann, was man lernt und wie die Perspektiven für den weiteren Berufsweg sind.
4. Wie hat sich Union Investment als attraktiver Arbeitgeber, besonders für Frauen, aufgestellt? Gibt es spezielle Förderprogramme?
Uns war schon immer wichtig, unsere Arbeitgebermarke positiv weiterzuentwickeln. Dazu ist es notwendig nach außen zu tragen, was uns ausmacht und von anderen unterscheidet. KandidatInnen entscheiden sich nicht für eine Aufgabe, sondern für eine Firma oder Marke. Wichtig sind außerdem das Team und die Weiterentwicklungsmöglichkeiten.
Es geht aber um mehr als die Einstellung von Mitarbeitenden. Als Arbeitgeber beschäftigen wir uns auch mit internen Prozessen wie beispielsweise der Berücksichtigung von diversen Altersstrukturen und Generationen oder der Möglichkeit an Weiterbildungen teilzunehmen. Auch Internationalität wird immer wichtiger. Die Finanzindustrie ist in Teilbereichen immer noch sehr männerdominiert, daher haben wir den Fokus darauf gelegt, unsere Strategie anzupassen und Wert auf vielfältige Teams zu legen.
Als Bereichsleiterin habe ich oft vernommen, dass unsere Führungskräfte gerne mehr Frauen im Team hätten, aber kaum entsprechende Bewerbungen für offene Stellen bekommen. Wir haben daraufhin die Profile etwas angepasst oder die Stellen z.B. zeitlich flexibler ausgeschrieben, um sie auch für Frauen attraktiver zu machen.
Vor einem Jahr haben wir ein Diversity-Council ins Leben gerufen, das sich aus VertreterInnen der einzelnen Fachbereiche zusammensetzt. Ziel ist hier, die Vielfalt im Unternehmen zu fördern, d.h. den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, aber auch eine heterogene Altersstruktur im Blick zu haben. Mit diesem Council wurde ein strategischer Rahmen entwickelt und auch ein Ambitionsniveau festgelegt. Wir wollen bis spätestens 2030 einen Frauenanteil von 30% in Führungspositionen erreichen. Aktuell liegen wir bei fast bei 20%, d.h. wir sind auf einem guten Weg. In einzelnen Bereichen sind es schon über 30%, in manchen gibt es noch Nachholbedarf. In der gesamten Belegschaft ist der Anteil zwischen Männern und Frauen nahezu gleich verteilt.
Mit einer fest kommunizierten Ambition ist die Verbindlichkeit einfach höher und strahlt so aus der Unternehmensführung mit konkreten Maßnahmen in die Belegschaft und nach außen. Wir haben auch geschaut, wie ist unsere Bildwelt, unsere Sprache? Ist dies für alle InteressentInnen ansprechend und was können wir optimieren? Ich bin davon überzeugt, dass vielfältige Teams besser zusammenarbeiten, eine angenehmere Kultur herrscht und die Innovationskraft gestärkt wird.
Hierbei sei auch gesagt, jede Führungsperson hat ihr besonderes Stärkenprofil, es geht vielmehr um die einzelne Persönlichkeit, das Individuum. Manche hatten es im beruflichen Leben etwas leichter, manche schwerer, dies trifft sowohl auf Männer als auch auf Frauen zu. Vielfalt nur auf das Geschlecht zu reduzieren, halte ich für zu kurz gesprungen.
Natürlich haben wir auch Trainings im Haus durchgeführt, Programme für Mitarbeiterinnen initiiert, Veranstaltungen für weibliche Führungskräfte organisiert. Jeder Arbeitgeber muss sich heute im Klaren sein, dass dies maßgeblich zur Attraktivität beiträgt und nicht nur ein Nice-to-have ist.
5. Gab es berufliche Herausforderungen, aus denen Sie persönlich besonders viel gelernt haben?
Ja, auf jeden Fall. Das war bei mir die Finanzmarktkrise 2008. Damals war ich gerade neu in die Rolle der Bereichsleiterin gewechselt und hatte eine große Verantwortung übernommen.
Sehr schnell habe ich zum Beispiel gelernt, wie sich in der Finanzwelt Umfeldbedingungen ändern können. Dieses Tempo und natürlich das ganze Ausmaß hat die ganze Branche erschüttert und mich selbst auch stark geprägt. Wir mussten uns sehr schnell entscheiden, einen Einstellungsstopp vorzunehmen und Stellen abzubauen. Dies war eine sehr einschneidende Zeit und besonders mit Blick auf die letzte Dekade, in der es im Fondsgeschäft schlichtweg hervorragend lief, etwas, das vor allem jüngere KollegInnen noch nicht erlebt haben. Es macht auch demütig, zu sehen: Die Welt kann morgen plötzlich ganz anders aussehen.
Ich habe aber noch etwas gelernt: Wir haben damals bei Union Investment eine unglaublich positive Energie aufgebaut, um diese Krise gemeinsam zu bewältigen. Es hat sich ein hohes Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt, um größeren Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Es gab eine Zeit lang nur noch Krisenbewältigung, was eine große emotionale Bindung zum Unternehmen entfaltet hat - so seltsam dies klingen mag. Wir haben am Ende zwar offene Stellen gestrichen, aber niemanden entlassen müssen. In der Krise zeigt sich, wie widerstandsfähig ein Unternehmen ist und ob die Kultur wirklich so vertrauensvoll und zuverlässig ist. Ich denke, das haben wir bewiesen.
6. Ihr Tag hat vermutlich mehr Meetings, E-Mails und Anrufe als vorhandene Stunden. Was hilft Ihnen einen kühlen Kopf zu bewahren? Was ist Ihr Geheimtipp?
Ich muss sagen – ich mag das. Ich brauche ein bisschen Action, ich mag es, wenn viel los ist.
Dabei ist es für mich aber unglaublich wichtig, noch selbstbestimmt zu sein, dieser Punkt sollte nicht überschritten werden. Sonst löst dies bei mir Stress aus. Dabei hilft es, dass ich zum Glück nicht der Typ bin, der Arbeit gedanklich im Kopf mit nach Hause nimmt. Ich arbeite auch lieber vom Büro aus, im Home-Office ist es für mich schwieriger, diese Trennung zu wahren.
Ich habe einen Geheimtipp, und zwar, bewusst etwas anderes zu machen. Seine Bubble zu verlassen und sich beispielsweise mit Freunden treffen, die gar nichts mit der eigenen Arbeitswelt zu tun haben. Meine langjährige Freundin ist Landschaftsingenieurin, wir haben ganz andere Themen, die wir besprechen und die uns beschäftigen. Hier sollte jeder seinen Weg finden abzuschalten und seinem Hobby nachgehen oder sich bewusst etwas suchen, sei es spazieren gehen oder ein Museum zu besuchen.
Vielen Dank für die sehr interessanten und spannenden Antworten! Das Interview führt Katrin Schildhorn, Nachhaltigkeitsmanagerin bei VR Bank RheinAhrEifel eG.
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