Kristina Kutting, Regionalgeschäftsführerin für Altenkirchen und Neuwied (IHK Koblenz), Geschäftsführerin Wirtschaftsjunioren Sieg-Westerwald, Präsidentin des Pferdesportverbandes Rheinland-Pfalz, Bachelor of Arts - Business Administration
1. Sie sind Geschäftsführerin der IHK-Regionalgeschäftsstelle Neuwied. Was sind dabei Ihre Aufgaben?
Die Aufgaben sind sehr vielfältig, was die Arbeit natürlich sehr spannend macht. Mein Team und ich stehen in erster Linie unseren Mitgliedsunternehmen zu wirtschaftlichen Fragestellungen beratend zur Seite. In Koblenz ist die Zentrale mit den verschiedenen Fachabteilungen wie Handel, Tourismus, Digitalisierung, Innovation etc. angesiedelt. In der Regionalgeschäftsstelle Neuwied werden unter anderem die regionalen Aus- und Weiterbildungen organisiert und durchgeführt. Das Neuwieder Team steht in dieser Zeit in einem engen Austausch mit Auszubildenden und TeilnehmerInnen und PrüferInnen. Zum Ende der Prüfungszeit wird eine feierliche Zeugnisübergabe durch uns als IHK veranstaltet.
Meine beratenden Aufgaben sind vorwiegend im Bereich der Existenzgründung und Nachfolgeregelung von Unternehmen. Außerdem begleite ich Stellungnahmen in der Region, z.B. bei Bauleitplänen, Tragfähigkeitsanalysen als auch Förderprogrammen.
Weiterhin planen wir Informationsveranstaltungen, auch in Kooperation mit unseren regionalen Partnern wie der Wirtschaftsförderung oder Agentur für Arbeit. Wir haben 2019 die Fachkräfteallianz Neuwied mit weiteren 8 Partnern gegründet, um das große Thema „Fachkräfte“ enger zu begleiten. Daraus ist auch die Neuwieder Ausbildungsmesse entstanden, die in der Neuwieder Innenstadt schon zum 2. Mal mit über 90 Unternehmen stattfand. Auch in 2024 wird diese Messe fortgeführt.
2. Beraten Sie auch gezielt Gründerinnen und Unternehmerinnen? Gibt es extra Programme für Frauen in Führung?
Die Beratung als solche ist bei uns heterogen, wobei Frauen meist im Nebenerwerb gründen und Männer im Vollerwerb. Es gibt spezielle Existenzgründerseminare für alle Interessierte. Darüber hinaus bieten wir als IHK zusammen mit der Handwerkskammer den „Startup Beach“ in Koblenz am Stattstrand an, bei dem Gründerinnen und Gründer zusammenkommen und sich austauschen können.
Für Unternehmerinnen gibt es das Cross-Mentoring-Programm der IHK Koblenz. Gut ausgebildete Frauen, die ihre berufliche Karriere in die Hand nehmen, sind einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für die regionale Wirtschaft! Mit diesem Programm bringen wir weibliche Talente vom Westerwald bis an die Nahe mit erfahrenen Führungsfrauen zusammen, die ihren Weg bereits erfolgreich gegangen sind. Die weiblichen Nachwuchskräfte werden ein halbes Jahr lang von weiblichen Führungskräften oder Unternehmerinnen begleitet, die ihnen dabei helfen sollen, sich sowohl beruflich als auch persönlich weiterzubilden und zu entwickeln.
Meiner Meinung nach sind weibliche Vorbilder enorm wichtig für Frauen, die am Anfang ihrer beruflichen Karriere stehen. Wir Frauen müssen noch stärker lernen, uns gegenseitig zu unterstützen und zu fördern! Als IHK Koblenz verfügen wir über das regionale Netzwerk und können beide Seiten zusammenbringen.
Daneben gibt es außerdem das Unternehmerinnen-Netzwerk. Dieses gute, vertrauensvolle und aktive Netzwerk bietet Fachvorträge, Best Practice und die Möglichkeit zum Austausch zu den besonderen Herausforderungen, die diese Position als Unternehmerin mit sich bringt.
Inzwischen gibt es sogar einen IHK-Unternehmerinnen-Ausschuss aus diesem Netzwerk. Dieser Ausschuss engagiert sich aktiv für die Förderung der Anliegen von Unternehmerinnen und die Steigerung ihrer Präsenz im Geschäftsumfeld. Der Ausschuss arbeitet unter anderem an besseren Rahmenbedingungen für Frauen in der Selbstständigkeit und baut politische Netzwerke auf.
3. Stellen Sie dabei Unterschiede fest? Brauchen Frauen anderes Handwerkszeug, haben sie andere Fragen bei der Gründung?
Meiner Erfahrung nach sind Frauen etwas besser auf eine Gründungberatung vorbereitet. Es werden meist sehr detaillierte und konkrete Fragen gestellt, teilweise auch 2-3-mal, dies kommt vielleicht aus einer gewissen Unsicherheit heraus, was jedoch gar nicht nötig ist.
Hier heißt es, Mut zur Lücke! Einen Plan B in der Tasche zu haben, ist sehr klug und auch vorausschauend. Ein Plan C und D sind nicht zwingend nötig.
Wenn die Gründung nebenberuflich erfolgreich ist und einen gewissen Kundenstamm aufgebaut und 1-2 Jahre Berufserfahrung in dieser Branche gesammelt hat, starten dann Frauen auch im Vollerwerb durch.
4. Sie sind außerdem Präsidentin des Pferdesportverbandes Rheinland-Pfalz. Wie gestaltet sich hier Ihre Arbeit?
Ich freue mich sehr diese Position seit März 2023 im Ehrenamt auszuüben, zumal ich die erste Präsidentin in Rheinland-Pfalz bin, außerdem auch die jüngste Präsidentin bundesweit.
Es handelt sich um eine Vielfalt an Verbands-Aufgaben, bei dem mich natürlich der Vorstand als auch die hauptamtliche Geschäftsstelle mit 4 Teammitgliedern in Bad Kreuznach unterstützt.
Als Präsidentin vertrete ich die Interessen der VerbandsmitgliederInnen und bin repräsentativ bei vielen Pferde- und Reitsportveranstaltungen vor Ort. Die strategische Führung als auch die Themenumsetzung mit den verschiedenen Ausschüssen stehen im Fokus meiner Arbeit. Bei Veranstaltungen wie den Verbandsmeisterschaften als auch Landesmeisterschaften bin ich natürlich auch präsent und unterstütze hier den Reitsport positiv nach außen zu vertreten. Dabei verfolge ich auch den politischen Ansatz, denn der Reitsport bietet gerade für den Sozial- und Jugendbereich einen fundamentalen Beitrag zur persönlichen Entwicklung und zur Förderung sozialer Kompetenzen, indem er Werte wie Teamwork, Verantwortungsbewusstsein und Respekt gegenüber Mensch und Tier vermittelt.
Ich komme aus einer Reiterfamilie und reite schon seit Kindertagen. Durch meine hauptamtliche Arbeit als Geschäftsführerin beim Pferdesportverband Saar e.V. von 2017-2019 im Saarland habe ich die Expertise und Erfahrung in der Arbeit und Führung in einer Geschäftsstelle. Nun kann ich auch für Rheinland-Pfalz meine Ideen einbringen. Auch die überregionale Zusammenarbeit mit den anderen Landesverbänden wie Saarland und Hessen machen mir viel Freude, zumal ich ja schon viele Personen kenne, ich sie so nun öfters wiedersehe und wir gemeinsam unsere Leidenschaft für den Pferde- und Reitsport weiter entwickeln können.
5. Was hat Ihnen geholfen, beruflich und privat diese Führungspositionen anzustreben? Welche Herausforderungen mussten Sie vielleicht meistern und wie sind Sie damit umgegangen?
Ich bin geprägt worden, dass man durch Fleiß, Engagement und Durchhaltevermögen seine Ziele erreicht und der Erfolg, sei es beruflich oder privat, meist mit einher geht. Natürlich gehört auch immer ein bisschen Glück dazu 😊
Ebenso ist es wichtig, sich fachlich breit aufzustellen und zusätzliche Angebote oder Seminare zu nutzen, um sich weiterzubilden. Das Lernen, bewusst oder unbewusst, sollte nie aufhören!
So habe ich auch während meines Studiums eine Trainerausbildung sowie eine Richteranwärter-Weiterbildung im Reitsport absolviert. So war ich zertifiziert und ich konnte früh Reitunterricht für Jugendliche und Erwachsene geben, was mir sehr viel Spaß gemacht hat.
Weiterhin stand für mich klar fest, dass ich nach meinem Bachelor für mindestens ein Jahr einmal in den USA arbeiten wollte. Gesagt getan. Ich habe zuerst in der Gesundheitsbranche in Florida und dann auch in der Logistikbranche in Kalifornien gearbeitet. Die Sprache, die Menschen und eine andere „Kultur“ haben mich sehr begeistert und waren eine großartige Gelegenheit für mich über den Tellerrand zu schauen. Dieses Jahr ist es schon 10 Jahren her, dass ich in den USA gearbeitet habe. Ich erinnere mich noch sehr genau und sehr gerne an diese Zeit. Eine Zeit, die mich sehr geprägt hat, gerade im Dienstleistungsbereich. In den USA wird jeder Kunde gefühlt wie ein „König/in“ behandelt, sei es im Supermarkt oder an einer Tankstelle. Durch die einfachen netten Floskeln „How are you?“ oder „How may I help you?“ war ich immer positiv gestimmt.
Natürlich gab es auch für mich hier auch Herausforderungen wie bei der Planung und Vorbereitung für meinen Auslandsaufenthalt. Zum Beispiel war es nicht ganz einfach schnell ein Arbeitsvisum für die USA zu erhalten. Für das Visum musste ich mich schriftlich als auch vor Ort in der amerikanischen Botschaft in Frankfurt „bewerben“. Hinzu kamen die Themen wie Wohnung, Auto, Beantragung einer social security number, Eröffnung eines Bankkontos etc. Aber genau an diesen Sachen, die schwierig und auch kniffelig waren, bin ich gewachsen und habe mich entwickelt.
Für mich waren Weiterbildungen und die Chance viel Berufserfahrung zu sammeln stets sehr wichtig (uns sind es heute natürlich immer noch), um mich auch von anderen BewerberInnen abzuheben und zu zeigen, dass ich engagiert und flexibel bin. Alle meine beruflichen Tätigkeiten habe ich mit großer Leidenschaft ausgeübt und ich konnte mich immer mit meiner Arbeit identifizieren. Diese Einstellung habe ich bereits im Elternhaus vorgelebt bekommen und sie hilft auch einmal über berufliche Herausforderungen hinweg.
Eine frühere Herausforderung war für mich oft, meine leitende Position klarzumachen, da ich vom Alter her immer die Jüngste war und ich altersbedingt als Assistentin wahrgenommen wurde. So habe ich mich in den Punkten Durchsetzungsfähigkeit und Durchhaltevermögen über die Jahre hinweg oft selbst herausgefordert. Für mich ist wichtig, dass ich meiner „Linie“ mit meinen Werten treu und authentisch bleibe. Ich wollte schon recht früh Verantwortung übernehmen und auch gerne in einer leitenden Position arbeiten. Dafür musste ich auch erstmal eine Vorleistung erbringen und auch ein paar Mal ins kalte Wasser springen.
Wir Frauen müssen mehr Mut haben unseren Standpunkt zu vertreten, um etwas bewegen zu können!
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Vielen Dank für das offene und positive Gespräch.
Das Interview führte Katrin Schildhorn, Nachhaltigkeitsmanagerin der VR Bank RheinAhrEifel eG.
Quellen und Verlinkungen
Startup Beach Koblenz
Cross Mentoring für Frauen der IHK Koblenz
Unternehmerinnennetzwerk